An 14 Orten wurden Mitte März in Köln insgesamt 39 neue Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig verlegt, drei davon in Rodenkirchen. Stolpersteine sind kleine Denkmale für Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus aus unterschiedlichen Gründen verfolgt wurden. Sie werden vor den ehemaligen Wohnhäusern verlegt, in denen die Menschen vor ihrer Flucht oder Verhaftung lebten. Damit erinnern sie individuell an das Schicksal der Verfolgten und werfen gleichzeitig Fragen nach Täter- und Mittäterschaft auf. In Rodenkirchen liegen zwei Stolpersteine jetzt sehr präsent an der Uferstraße 30 vor der backsteinroten Villa des Ehepaars Isay. Das schmiedeeiserne Tor trägt die Initialen „A&I“ für Adolf Isay. Hier wohnte er mit seiner Frau Theresia vor und nach dem zweiten Weltkrieg.
Theresia und Adolf Isay überlebten den Holocaust dank der Hilfe von Menschen, die sie versteckten, unterstützten und ihnen damit das Leben retteten. Theresia Isay kam 1880 in Wien in einer christlichen Familie als Theresia Liederer zur Welt. Adolf Isay, 1875 in Köln geboren, stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Kaufmannsfamilie. Sein Vater Jacob hatte zusammen mit seinem Bruder Moritz 1871 in Köln eine Großhandlung für Tücher, Woll- und Strickwaren gegründet. Nach dem Ausscheiden der beiden Firmengründer führte Adolf Isay zusammen mit seinem Bruder Siegfried und einem Cousin das Unternehmen in bester Kölner Innenstadtlage – an der Zeppelinstraße/Ecke Alte Post – fort.
Die Ehe von Theresia und Adolf Isay blieb kinderlos. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das „Geschäft für Trikot und Strumpfwaren der Brüder Isay“ 1933 in die „Wistri Gesellschaft für deutsche Wirk- und Strickwaren GmbH“ umgewandelt und wenig später unter Wert verkauft. Auch privat litten Theresia und Adolf Isay unter den Repressalien des NS-Regimes. Am 1. April 1933, dem Tag des Boykotts gegen jüdische Geschäftsleute, Ärzte und Juristen, durchsuchte eine Abordnung der SS ihr Haus in Rodenkirchen und entwendete Wertgegenstände. Am Abend des 9. November 1938, noch kurz vor Beginn des reichsweiten Pogroms, wurde Adolf Isay verhaftet. Allein der Einsatz seiner Ehefrau bewahrte ihn vor einer Deportation in das Konzentrationslager Dachau. Nur wenige Tage später drohte man ihm mit der Enteignung seines Hauses in der Uferstraße. Er verkaufte das Gebäude daraufhin an seinen Neffen Franz Weiss, und das Ehepaar zog an den Bayenthalgürtel 43.
Als ihre neue Bleibe im Juli 1943 ausgebombt wurde, begann für Theresia und Adolf Isay eine fast zweijährige Odyssee. Zunächst kamen sie bei Franz Weiss und seiner Familie in ihrem ehemaligen Haus an der Uferstraße unter, mussten die Unterkunft jedoch bald wieder verlassen, weil Adolf Isay als Jude nicht mit seinen christlichen Großnichten unter einem Dach wohnen durfte. Drei Monate lebten sie versteckt bei dem Unternehmer Carl W. Löwe in der Eugen-Langen-Straße 2 in Marienburg, bevor sie zurück in das schwer beschädigte Haus am Bayenthalgürtel zogen und sich dort bis zur endgültigen Zerstörung des Gebäudes im Sommer 1944 im Keller versteckten. Die letzten Monate bis zur Befreiung Kölns am 6. März 1945 verbrachten Adolf und Theresia Isay in getrennten Verstecken, sahen sich jedoch täglich. Nach Ende des Krieges zog das Ehepaar zurück in das Haus in Rodenkirchen. Theresia Isay starb am 10. September 1953, Adolf Isay am 14. Mai 1956. Der dritte Stolperstein wurde vor dem Haus an der Hauptstraße 50 für Isays Bruder, Dr. Arthur Isay, verlegt.